Fakt ist lediglich, dass ich wieder auf dem Weg nach Asien bin und das ist gut und Grund und schön genug. Als mir die nahende Abreise gestern Abend zu Bewusstsein stieg, war dieses in etwas Trauer getaucht. Keiner unangenehmen jedoch, eher einer warmen und tiefen Abschiedsstimmung. 1 Jahr Europa ist nun vorüber. Zurück nach Europa kam ich ja eher unfreiwillig und bin nun auch wirklich froh, wieder zu verschwinden, aber freilich bleibt doch eine gewisse ... vielleicht kann man es Melancholie nennen, die mit dem Zurücklassen einher geht. Es ist dies also nichts anderes als das universelle Faktum der Vergänglichkeit - ein Faktum, das viel universeller noch ist als man sich träumen lassen mag. Anicca.
Dieses ganze Gerede - wäre man Dichter, es sagte sich kürzer und prägnanter und schöner natürlich und danach ließe es sich einfach in sanfter Ehrfurcht verstummen. Lassen wir also wenigstens einen solchen, Rilke, sprechen:
denn Bleiben ist nirgends.
Meine Cousine brachte mich gestern Abend mit dem Auto nach Aschaffenburg und auf der Schnellstraße war sogar das Wetter in seltsamer Stimmung, eine Art ungewisser Untergangs- und Neubeginnsstimmung mit sagenhaftem Licht und Farben auf der einen und dunkelsten Wolken auf der anderen Seite, bei welchletzteren ich stets an die Zeile: Das dunkle Königreich wird nicht mehr aufzuhalten sein, denken muss, dabei aber irgendwie immer auch die andere Seite, den Phönix aus der Asche mitmeine. Ein bisschen wie in dem Film "Der Eissturm" oder auch wie in "Die neue Seltsamkeit".
Die Stimmung war reichlich seltsam im Gewoge alles dessen, solange bis sie jedenfalls in meinem Horizont durch das Völlegefühl von zu viel gutem Thai-Curry abgelöst wurde, das wir in Aschaffenburg einnahmen. Mit dem Zug fuhr ich schließlich nach Frankfurt, von wo mich ein Nachtbus nach Brüssel bringen würde. An Schlaf war freilich kaum zu denken während der sechsstündigen Fahrt im vollen Bus, der von München nach London unterwegs war. Sehr ungewohnt auch, in Deutschland Langstreckenlinienbus zu fahren, das gab es ja bis vor kurzem kaum.
Um 6 Uhr morgens müde im stockdunklen, ungemütlichen Brüssel, was sollte man da schon machen als gleich den Zug zum Flughafen zu nehmen? Um 15 Uhr sollte der Flug gehen, so dass ich einige Versuche unternahm, noch etwas Schlaf zu finden auf den ungemütlichen Bänken, durch eiserne Armlehnen derart unterteilt, das Hinlegen unmöglich zu machen. Nicht Hinlegen ist es schließlich, was hier unsere Aufgabe ist, sondern Konsumieren. An dieser Stelle ließe sich wieder einmal ein Lied singen von der Seinsvergessenheit und der Tunsversessenheit. Doch sind wir mal nicht so und tun dies einmal nicht.
Gegen 11 und nach irgendetwas Schlafartigem erfuhr ich schließlich, dass der Flug etwa 6 Stunden Verspätung haben würde und ich überdies einen Flug aus Thailand heraus noch vor dem Check-in würde buchen müssen, um überhaupt ohne Visum mitgenommen zu werden. (Letzteres wusste ich ja, doch wähnte ich heimlich vielleicht darum herumkommen, um meine weiteren Pläne noch offen halten zu können. Aber Pustekuchen.) So erkaufte ich mir den teuersten Internetzugang meines Lebens (10 €/Std.) und buchte so einen Flug von Bangkok nach Delhi für in drei Wochen, womit sich schlagartig die nun lange hin und her gewägte Frage der Länge meines Thailndaufenthalts erledigt hatte. Nun schwant mir, dass ich es wieder nicht nach Kalkutta schaffen könnte (wohin ich eigentlich fliegen wollte, doch es war plötzlich so teuer geworden).
Am Check-in erhielt ich ob der Verspätung einen Konsumgutschein, den ich in ein überraschend gutes Forellengericht investierte. Jetzt sitze ich im Restaurant, mit Blick auf das Rollfeld und stelle ob der körperlichen Müdigkeit einige Unannehmlichkeiten fest. Noch mindestens 6 Stunden bis Abflug (und dann 15 Stunden Flug), Zum Lesen zu müde, zum Hinlegen kein Ort (vielleicht ließe sich ja im Gebetsraum etwas Meditieren?), was könnte man da auch anderes machen als ellenlange banale Einträge ins neue iPad Tagebuch tippen?
denn Schreiben ist nirgends.